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Edelstahlrelief, Gerd Winner (1969)

Von Maik Ullmann

Während der 1960er Jahre war die Stadt Wolfsburg auf vielfältige Art und Weise darum bestrebt, sich als Stadt zu inszenieren, die der zeitgenössischen Kunst gegenüber mehr als nur aufgeschlossen ist. Neben der Etablierung des Kunstpreises junge stadt sieht junge kunst , der Gründung eines Kunstvereines und des Aufbaus einer städtischen Kunstsammlung sind auch zahlreiche Kunstankäufe für den öffentlichen Raum Ausdruck dieses neuen Betätigungsfeldes in der Kulturpolitik. Nicht minder relevant war die Kunst am Bau.
In einer stadtinternen Regelung aus dem Jahr 1959 wurde festgelegt, [1] dass bei kommunalen Neubauten ein Prozent der Gesamtbausumme für die künstlerische Gestaltung derselben vorzuhalten sei. Das Verfahren geht auf einen Beschluss der Bundesregierung aus dem Jahr 1950 zurück, dessen Auslegung jedoch stets Ländersache blieb. Trotz dieser Reglung schlossen sich während der späten 1960er Jahre „rund 40 Unternehmer, Handwerker, Betriebe und Privatleute“ zusammen, um dem Neubau des Westhagener Schulzentrums [2] ein etwa drei mal drei Meter großes Stahlrelief aus der Werkstatt des Berliner Künstlers Gerd Winner zu spenden. Alsdann sollte „dieses gefaltete, aus rostfreiem Edelstahl hergestellte Gebilde“ die Pausenhalle zieren (Abb. 1). [3]

Das Stahlrelief in der Heinrich-Nordhoff-Gesamtschule, 2020; Fotograf: Lars Landmann/IZS
Das Stahlrelief in der Heinrich-Nordhoff-Gesamtschule, 2020
Fotograf: Lars Landmann/IZS

„Aus dem Topf ‚Kunst am Bau‘ wurde bislang ein Auftrag, meistens von der Stadt selbst, einem Künstler gegeben“, so hieß es in den Wolfsburger Nachrichten.[4] Von dieser Praxis wich man nun offenbar ab. Die Initiative, eine architektonische Kunstinstallation im Neubau des Schulzentrums zu realisieren, ging seinerzeit auf Hans Hinze zurück, dem die Bauleitung oblag. Im September Neben den Mitgliedern des Wolfsburger Künstlerkollektivs Schloßstraße 8, Rudolf Mauke und Heinrich Heidersberger, hatte auch der in Berlin lebende Bildhauer Gerd Winner einen Entwurf für das Schulzentrum in Westhagen eingereicht. [5] Doch weder das keramische Wandbild Maukes, noch die Bildinstallation Heidersbergers fanden im Kunstbeirat Zustimmung, das Edelstahlrelief Winners hingegen schon. In einem Schreiben vom 18. August 1968 erklärte der einstige Meisterschüler Werner Volkerts die Idee hinter seiner Stahlplastik:
Meiner Arbeit liegt eine Zentralkomposition zugrunde; zwei Segmente einer freien Kreisform öffnen sich, bilden im Zentrum eine vierfache Faltung, die in ihrer formalen Vielfalt im Gegensatz zu den ruhigen Seitensegmenten steht. Das Kreismotiv tritt hier in der Projektion als Ellipse auf, wird auf den verschieden geneigten Reliefflächen zu- oder gegeneinander geordnet, wird in Form und Farbe variiert, stellt Beziehungen über mehrere Reliefflächen her. Die Komposition ist drei Seiten zugeordnet. Von den verschiedenen Standpunkten im Raum aus werden mehrere Kompositionen deutlich.“ [6]
Besondere Begeisterung rief dies offenbar bei Schularchitekt Hans Hinze hervor. Auf seine Initiative hin sollte Winners Plastik als eine an die Stadt gerichtete Spende aller am Bau des Schulzentrums beteiligter Firmen realisiert werden (Abb. 2). Hierüber beriet sich der Wolfsburger Kulturausschuss in einer „längere[n] Grundsatzdiskussion“ am 11. September 1968. [7] Abschließend fasste das Gremium einstimmig den Beschluss, die Spende anzunehmen und richtete damit ihre Empfehlung an den Verwaltungsausschuss zur weiteren Beratung.

Die Winner-Plastik vor ihrer Restaurierung; Fotograf: unbekannt/IZS
Die Winner-Plastik vor ihrer Restaurierung
Fotograf: unbekannt/IZS

Im September 1968 erreichte Hinze ein Schreiben des Stadtrates Karl-Heinz Schulte, das ihn darüber in Kenntnis setzte, dass auch der Verwaltungsausschuss seine Zustimmung erteilt hatte. [8] Hinze adressierte nun seinerseits im März 1969 ein Schreiben an alle beteiligten Baufirmen, in dem er es nicht versäumte, noch einmal kräftig die Werbetrommel für Gerd Winner zu rühren: „G. Winner ist in verschiedenen Ausstellungen hervorgetreten, u.a. in Berlin, München, Helsinki, Washington U.S.A., Frankfurt und Dortmund. Außerdem sind seine Werke in namhaften deutschen Sammlungen zu finden.“[9] Er sollte im Übrigen noch im selben Jahr mit dem Kunstpreis der Stadt Wolfsburg ausgezeichnet werden. Insgesamt 39 Firmen folgten dem Aufruf Hinzes; bereits im Oktober 1969 war die zum Kauf erforderliche Summe von 20.000 DM beisammen. Die beteiligten Unternehmen rund um den Architekten Hinze setzten anschließend in Form einer bebilderten Broschüre noch ein kleines Erinnerungszeichen für alle Spender, in der neben Ausführungen Hinzes auch ein gemeinsames Vorwort von Oberbürgermeister Hugo Bork sowie Oberstadtdirektor Günter Balk zu lesen ist:
Schon in der Wahl der Werkstoffe – Beton und Stahl – haben die beteiligten Architekten und der Künstler eine sichere und glückliche Hand bewiesen, und in dieser Vereinigung hat Gerd Winner ein Kunstwerk geschaffen, das, wie der Bau selbst, ganz und gar der For mensprache unserer Zeit entspricht. […] Was für das Kunstwerk und seine Entstehung, also für den künstlerischen Teil gilt, hat in gleichem Maße Bedeutung für das beispielhafte Zusammenwirken der Geldgeber. Hier ist eine für Wolfsburg neue Form des Mäzenatentums gefunden worden, die höchste Anerkennung verdient.“[10]
Am 21. November 1969 fand in den Räumen der Schule zu „festlicher Stunde“ die Übergabe der Plastik an die Stadt Wolfsburg und ihre Bürgerinnen und Bürger statt. [11] Weitere Planungsaufträge unter dem regulären Gebrauch des Schlagwortes „Kunst am Bau“ folgten zeitnah für das Volksschulzentrum Detmerode (--> Mauke, Keramikreliefs)[12] wie auch die neue Berufsschule. [13]

Quellen


[1] IZS Wolfsburg, Az. 41 51, Kunst im Stadtbild, Allgemein, Stadtplanungsamt Wolfsburg, Einzelmaßnahmen „Kunst im Stadtbild“ vom 7. Juli 1971; StadtA WOB, 6247, Schul- und Kulturamt an den Kulturausschuss, Vorlage Kunst am Bau vom 7. März 1966.
[2] Zur Geschichte des Schulzentrums und wie dieses aus einem Versuch heraus zu einer der ersten integrierten Gesamtschulen des Landes Niedersachsens wurde siehe Monika Mattes, „‚Wolfsburg ist eine schulfreundliche Stadt.‘ Städtische Planungen und pädagogische Vorstellungen am Beispiel des Schulreformversuchs Integrierte Gesamtschule in Wolfsburg-Westhagen um 1970“ , in: Alexander Kraus/Sabine Reh (Hg.), Stadt macht Schule. Schulentwicklungen im „Soziallabor“ der Bundesrepublik 1945 bis 1980. Göttingen 2020, S. 161–183.
[3] „Winner-Plastik in Westhagen: Beispiel für Kunst-Mäzenatentum“, in: Wolfsburger Allgemeine Zeitung vom 4. Dezember 1969; vor wenigen Jahren restaurierte der Künstler selbst das Relief. Kurzerhand erhielt es zudem einen neuen Standort innerhalb der Heinrich-Nordhoff-Gesamtschule.
[4] „Neue Initiative für Kunst im öffentlichen Bau“, in: Wolfsburger Nachrichten vom 24. November 1969.
[5] IZS Wolfsburg, Az. 47 52 20, Kunst im Stadtbild, Winner, Relief (HNG), Schul- und Kulturamt, Vermerk zu Kunst am Bau vom 26. August 1968.
[6] IZS Wolfsburg, Az. 47 52 20, Kunst im Stadtbild, Winner, Relief (HNG), Gerd Winner an Stadt Wolfsburg vom 18. August 1968.
[7] IZS Wolfsburg, Az. 47 52 20, Kunst im Stadtbild, Winner, Relief (HNG), Niederschrift über die 37. Sitzung d. Kulturausschusses vom 11. September 1968.
[8] IZS Wolfsburg, Az. 47 52 20, Kunst im Stadtbild, Winner, Relief (HNG), Stadtrat Schulte an Architekt Hinze vom 25. September 1968; Auszug aus der Niederschrift über die 159. Sitzung des Verwaltungsausschusses vom 24. September 1968.
[9] „Neue Initiative für Kunst im öffentlichen Bau“, in: Wolfsburger Nachrichten vom 24. November 1969.
[10] IZS Wolfsburg, Az. 47 52 20, Kunst im Stadtbild, Winner, Relief (HNG), Unveröffentlichte Broschüre zur Einweihung von Gerd Winners Edelstahlrelief vom 21. November 1969.
[11] IZS Wolfsburg, Az. 47 52 20, Kunst im Stadtbild, Winner, Relief (HNG), Bericht zu Winners Plastik, Ohne Titel, in: Wolfsburger Nachrichten vom 22./23. November 1969.
[12] StadtA WOB, HA 6247, Auszug aus der Niederschrift über die 13. Sitzung des Kulturausschusses vom 18. März 1970.
[13] StadtA WOB, HA 6247, Schul- und Kulturamt, Vermerk vom 25. November 1969.
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